Sprache

Sprache, die ganz große Falle

Sprache wie wir sie kennen und benutzen, hat sich im Patriarchat gebildet und geformt. Daher sind die bequemen und gängigen Formulierungen meistens aufs Patriarchat bezogen und tragen die männliche Form. Deshalb zu sagen, es sei „unbequem“, nun auch die weibliche Form zu verwenden, ist kein Argument. Genauso wäre es dem Patriarchat genehmer gewesen ohne Frauenwahlrecht und mit Weiterbestehen der Straffreiheit von Vergewaltigung in der Ehe. Es gab nicht die Möglichkeit, über Jahrtausende praktische und prägnante speziell weibliche oder auch nur gleichrangige Begriffe zu etablieren. Und nun, im mittlerweile 21. Jahrhundert, wird sich immer noch echauffiert, wenn eine Frau (Marlies Krämer hatte geklagt) verlangt, von ihrer Bank als Kundin und nicht als Kunde angesprochen zu werden und gerichtlich festgelegt, vom Bundesgerichtshof, die Bank mit der Formulierung Kunde sei im Recht . Es ist unfassbar. An dieser Stelle kommt oft das Argument, man solle sich doch nicht mit solchen Kinkerlitzchen befassen es gäbe viel schlimmere Dinge auf der Welt. Erstens ist das sich Befassen mit diesen Missständen kein Indikator dafür, dass dies die einzigen Aufreger sind, mit denen eine sich befasst, und weiter folgen aus diesen kleinen Dingen auch die großen. Wenn ich Frauen mit den ewigen männlichen Formulierungen die Sichtbarkeit noch mehr und weiterhin nehme, werden alle Belange von Frauen unsichtbarer. Neulich bekam ich wieder eine Infomail einer Gleichstellungsbeauftragten, in der die Fußnote stand, dass aus Lesbarkeitsgründen die weibliche Form in der männlichen enthalten sei. Das zeigt, wie angepasst und absurd diese ganze Gleichstellungssache ist (unter „Videos“ erklärt Sabine Kapfer das auch sehr gut). Die Negierung der Frau und vor allem der Mütter zieht sich durch das komplette Sprachbild. Teilweise wird Weiblichkeit versächlicht, wie bei „das Mädchen“, teilweise als Schimpfwort benutzt (angefangen bei „Oma“ oder „Tante“ – s. dazu den Artikel „Hag and Crone“ in der Rubrik „Texte“) bis hin zu „Fotze“, „Pussy“ usw. Diese Dinge richtig zu stellen, kann auch bedeuten, der Grammatik nicht mehr die überragende Stellung einzuräumen, die sie bisher hatte, und einen Satz, der mit „Das Mädchen“ begann,  mit dem Pronomen „sie“ weiterzuführen. Und es erfordert die Konsequenz und (sehr geringe, ich übe das seit langem so und kann mich nicht über große Anstrengung oder vergeudete Lebenszeit beklagen) Mühe, die weibliche Form zu benutzen – entweder mit oder ohne Binnen-i. Auch ist es an der Zeit, verniedlichende Formulierungen wie „Beziehungstat“, „misslungener Flirt“, „Übergriff“,, „Missbrauch“ durch klarere Worte zu ersetzen, Worte wie „Mord“, „Körperverletzung“, „Folter“, „Grausamkeit“, „Verbrechen“. In der gesamten Biologie gibt es auch viel Verbesserungsbedarf, alleine was den Begriff „Samen“ angeht – Spermien sind keine Samen, eher eine Art Pollen. 

Regelungen, die der Verbesserung dienen sollen, sind leider oft einfaches Verschlimmbessern, wie z.B. in den Stellenanzeigen, wo immerhin in den letzten Jahren manchmal „ein/e Techniker/in“ gesucht wurde, ist es nun wieder ein „Techniker (m/w/d)“, wobei das Bild im Kopf, das sich beim Lesen einstellt, eindeutig männlich ist. 

(Text von Steffanie Müller)

 

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